Haushaltsverhandlungen: Will Sachsen den Radverkehr links liegen lassen?
Vor ziemlich genau einem Jahr hat die sächsische Kenia-Koalition mit dem Koalitionsvertrag sehr konkret dargelegt, wie sie den Radverkehr in Sachsen voranbringen will.
Den ambitionierten Zielstellungen für die Verkehrswende und die Förderung des Radverkehrs nach zu urteilen, bestand zwischen den Koalitionspartnern offenbar wenig Dissens: Die Verdoppelung des Radverkehrsanteils in Sachsen in den nächsten fünf Jahren setzten sich CDU, Grüne und SPD zum Ziel, nicht mehr und nicht weniger. Mit großen Erwartungen war daher auch die Veröffentlichung des Haushaltsentwurfs für 2021/2022 durch die Sächsische Staatsregierung verknüpft, dem ersten gemeinsamen Haushalt von CDU, Grünen und SPD in Sachsen.
Am Mittwoch erblickte der Haushaltenswurf dann das Licht der Öffentlichkeit. Der erste Blick ist ernüchternd. Ernsthafte Ambitionen eine Verkehrswende in Sachsen auf den Weg zu bringen, hat das Sächsische Wirtschafts- und Verkehrsministerium um Martin Dulig offensichtlich nicht. Neben der allgemeinen Vereinbarung im Koalitionsvertrag verfolgt der Freistaat Sachsen mit seiner Radverkehrskonzeption eigentlich schon länger das Ziel, bis 2025 noch knapp 500 Kilometer neue Radwege an Staats- und Bundesstraßen zu bauen. Doch dafür braucht es deutlich mehr Mittel. Eine logische Schlussfolgerung wäre es, den entsprechenden Haushaltstitel aufzustocken. Doch genau das geschieht nicht: Der Posten "Bau von Radwegen" verharrt bei einem Volumen von 4 Millionen Euro pro Jahr. Das genügt gerade einmal für zirka 13 Kilometer neue Radwege.
Auch bei der kommunalen Radwegeförderung sieht es nicht besser aus: Viele sächsische Städte haben ambitionierte Radverkehrskonzepte erarbeitet, die in den nächsten Jahren realisiert werden sollen. Doch das Ministerium lässt die Kommunen links liegen: Die Förderung von kommunalen Radwegen schrumpft von 11,7 Millionen auf rund 2,4 Millionen zusammen. Zwar gibt es als Ersatz nun das Sonderprogramm "Stadt & Land" der Bundesregierung. Das Programm soll jedoch eigentlich zusätzlich zu bisherigen Fördermitteln Finanzen bereitstellen - der Freistaat nutzt es nun als Anlass, um sich aus der eigenen Verantwortung zu ziehen. Das Verkehrsministerium will das Bundesprogramm um lediglich 3 Mio. Euro aufstocken.
Ebenso plant der Freistaat bei Verkehrssicherheitsprogrammen, der Förderung des Fußverkehrs und der geplanten Lastenradförderung drastische Einschntite. Ein engagierter Einsatz für moderne und sichere Mobilität sieht anders aus.
Doch mit Blick auf den Haushaltsentwurf gibt es zumindest auch erfreuliche Punkte: Neu hinzugekommen ist ein mit 1 Mio. Euro gut ausgestatter Titel für Bike&Ride-Anlagen und auch für Radschnellwege will das Ministerium zukünftig immerhin 300.000 Euro bereitstellen. Der Landtag wird sich jetzt mit dem veröffentlichten Entwurf beschäftigen, darüber beraten und im Frühjahr einen Haushalt für die nächsten beiden Jahre verabschieden. Wir setzen viel Hoffnung darauf, dass die Abgeordneten der Kenia-Koalition die Fehler des Verkehrsministeriums korrigieren werden.