ADFC Sachsen fordert moderne Verkehrspolitik im Koalitionsvertrag
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Sachsen appelliert an die Verhandler des neuen Koalitionsvertrags, die Förderung des Radverkehrs als zentrales Zukunftsthema zu verankern.
Bessere soziale Teilhabe im ländlichen Raum, mehr Verkehrssicherheit, ein attraktiverer Lebens- und Wirtschaftsstandort Sachsen: Das alles sind Ziele, die mit einer konsequenten Förderung des Fahrrads nach niederländischem Vorbild auch in Sachsen erreicht werden können.
„In Sachsen ist das Radwegenetz im Moment leider noch sehr lückenhaft. Besonders im ländlichen Raum fehlen sichere Verbindungen für das Rad“ sagt Janek Mücksch, Vorsitzender des ADFC Sachsen. „Die Fachwelt weiß schon lange, dass ein dichtes Radverkehrsnetz die Lebensverhältnisse verbessert, vor allem außerhalb der Großstädte. Wenn man sicher mit dem Rad fahren kann, dann profitieren davon alle, die auf das Fahrrad angewiesen sind: Familien ohne Auto, Schulkinder, ältere Menschen. Und die Leute, die Auto fahren wollen oder müssen, kommen zügiger voran, weil mehr Radverkehr die Straßen entlastet. Damit jeder sein Verkehrsmittel wirklich frei wählen kann, muss Sachsen beim Bau von Radwegen außerorts deutlich zulegen“, so Mücksch. Der ADFC möchte Sachsen nicht nur sicherer und gesünder machen, sondern auch attraktiver für Unternehmen, die sich auf der Suche nach familienfreundlichen Standorten befinden.
Für den ADFC steht fest, dass die Verkehrssicherheit in den nächsten fünf Jahren oberste Priorität haben muss. Dazu gehört neben sicheren Radwegen auch, dass Kürzungen bei der Verkehrspolizei zurückgenommen werden. „Systematische Verkehrskontrollen sind nur mit einer gut ausgestatteten Verkehrspolizei möglich. Gleichzeitig muss der Freistaat endlich systematisch seine Unfallschwerpunkte entschärfen. Außerdem wollen wir mit diebstahlsicheren Fahrradabstellanlagen an allen sächsischen Bahnhöfen Kriminellen das Handwerk legen“ erklärt Mücksch. Des Weiteren sieht der ADFC in der Modernisierung der Mobilitätsbildung in Sachsen einen wichtigen Baustein, um Kindern und Jugendlichen individuelle und unabhängige Mobilität auf dem Rad zu ermöglichen und ihnen frühzeitig Freude und Selbstbewusstsein am Fahrradfahren zu vermitteln.
Alle Forderungen des ADFC laufen zugleich auf eine ausreichende und dauerhafte finanzielle Ausstattung der Kommunen sowie strukturelle Unterstützung bei der Planung und dem Bau moderner Radverkehrsinfrastruktur hinaus. Mindestens 10 Euro pro Einwohner und Jahr sind laut ADFC im Haushalt für den Ausbau des Radwegenetzes in Sachsen notwendig.
Hintergrund
Der Koalitionsvertrag der scheidenden Kenia-Regierung hatte sich ambitionierte Ziele zur Förderung des Radverkehrs gesetzt. Die Regierung ist in den letzten Jahren jedoch nur langsam vorangekommen. Lediglich drei der 18 selbstgesteckten Ziele für den Radverkehr konnten vollständig umgesetzt werden, viele Maßnahmen wurden begonnen, aber mehr als die Hälfte wurde überhaupt nicht angegangen. Der kommende Koalitionsvertrag darf kein Rückschritt sein. Aber es darf in den nächsten fünf Jahren nicht nur bei ambitionierter Zielsetzung bleiben, sondern mit großen Schritten an deren Umsetzung gearbeitet werden.
Bisher liegt Sachsen bei der Ausstattung von Landstraßen mit Radwegen unter dem bundesweiten Durchschnitt. Eigentlich müsste der Freistaat zukünftig in jedem Jahr 100 Kilometer Radwege bauen, um nicht vollständig abgehängt zu werden. Neben dem Neubau von straßenbegleitenden Radwegen lassen sich viele Lücken im Radwegenetz durch Umwidmung von Kreisstraßen in Fahrradstraßen oder die Ertüchtigung landwirtschaftlicher Wege schließen. Sichere und komfortable Radwege tragen entscheidend dazu bei, Verkehrsunfälle drastisch zu reduzieren und die Verkehrssicherheit für Menschen auf dem Rad zu erhöhen. Für die Verbesserung der Verkehrssicherheit sind außerdem Querungshilfen und Temporeduzierungen kostengünstige, schnelle und effiziente Lösungen.
Laut einer aktuellen Studie der Unfallforschung der Versicherer steigt seit einigen Jahren die Zahl der Alleinunfälle von Radfahrenden und hat sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Oft stürzen Menschen mit dem Rad wegen Infrastrukturmängeln oder ungeräumten Wegen. Drei Viertel der Sachsen sagen, sie fühlen sich auf ihren Alltagswegen mit dem Rad nicht sicher. Diese Unsicherheit hält viele Menschen davon ab, überhaupt auf das Fahrrad zu steigen.
Des Weiteren möchte der ADFC in Sachsen gezielt Rad und Bahn verknüpfen, um Pendler und Straßen zu entlasten. Mit einem gezielten Radausbau ließen sich Mittel für den Straßen- und Autobahnausbau in Milliardenhöhe einsparen. Der Ausbau des Radwegenetzes schont nicht nur die Staatskasse, sondern auch die privaten Haushalte: Der ADFC möchte verhindern, dass Menschen mangels Alternativen gezwungen sind, fast ihre komplette Mobilität mit dem Auto zu organisieren. Damit dies in der kommenden Legislatur gelingen kann, hat der ADFC Sachsen zur Landtagswahl 23 Forderungen an die Landespolitik ausgearbeitet.