Gemeinde kann Straße nicht einfach so für Fahrräder sperren
Darf eine Gemeinde eine Straße für Fahrräder sperren, nur weil sie so schmal ist, dass Autos an manchen Stellen nicht überholen dürfen? Wir finden: Das kann nicht sein! Ein Gericht hat unserer Auffassung nun Recht gegeben.
In Groitzsch im Landkreis Leipzig sperrte die Gemeinde im Jahr 2021 die Kippenstraße, eine schwach befahrene, schmale Kommunalstraße für die Benutzung mit Fahrrädern. Ein Mitglied des ADFC legte vor zwei Jahren Widerspruch gegen das Fahrradverbot ein, doch die Gemeinde winkte ab: Wegen der seit 2021 in der StVO festgelegten Regel des Überholabstands von mindestens 1,50 m sei die Straße zu schmal, dass Lkw Fahrräder ordnungsgemäß überholen könnten. Die Straße sei stellenweise nur 3,60 m breit, ein StVO-konformes Überholen an diesen Stellen angeblich nicht möglich. Deshalb sei die Sperrung rechtens, so die Gemeinde. Auch Beratungen zwischen Gemeinde, Landratsamt und Polizei führten zu keiner Änderung dieser aus Sicht des ADFC völlig abwegigen Rechtsauffassung.
Unterstützt vom ADFC folgte nun die Klage gegen die Gemeinde auf eine Entfernung der rechtswidrigen Sperr-Schilder. Denn es war davon auszugehen, dass diese absurde Praxis um sich greifen würde: Mit der vorgeschobenen Begründung des in der StVO vorgeschriebenen Sicherheitsabstands könnten Straßenverkehrsbehörden von nun an willkürlich Straßen für den Radverkehr sperren, wo Radfahrer den Autoverkehr "ausbremsen".
Die vom ADFC Sachsen unterstützte Klage gegen die Gemeinde Groitzsch brachte nun Klarheit in die Sache. Im August 2023 behandelte das Verwaltungsgericht Leipzig den Fall und stimmte unserem Mitglied und der Rechtsauffassung des ADFC zu.
Eine schmale Straße stellt für sich allein keine besondere örtliche Gefahrenlage dar, die eine Sperrung für den Radverkehr rechtfertigen könnte, auch nicht bei Lkw-Verkehr. Eine Gemeinde kann ein Verbot für den Radverkehr nicht anordnen, um den Verkehrsfluss zu erhöhen, da dies kein gültiges Kriterium nach § 45 Abs. 9 StVO darstellt. Auf der wenig befahrenen Straße seien zudem keine ungewöhnlichen örtlichen Gefahrenlagen erkennbar. Darüber hinaus sei bereits Tempo 30 angeordnet. Die Geschwindigkeit von Kraftfahrern sei daher nicht einmal stark beeinträchtigt. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte die Interessen der Radfahrenden nur unzureichend in ihre Erwägungen eingestellt habe.
Die von der Gemeinde Groitzsch angeordnete Sperrung wurde vom Gericht aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist seit dem 10. Oktober 2023 rechtskräftig.
Für den ADFC Sachsen handelt es sich um einen vollen Erfolg. Auch vor Gericht konnte bewiesen werden, dass ein Radfahrverbot unzulässig ist, wenn vermeintlich anderer Verkehr ausgebremst wird. Wir gehen fest davon aus, dass dieses Urteil eine Signalwirkung für andere Kommunen hat.