Drei Viertel der Sachsen fühlen sich auf dem Rad gefährdet
Drei Viertel der Befragten in Sachsen fühlen sich auf ihren Wegen mit dem Rad gefährdet. 55% stimmen der Aussage zu, dass Radfahren für sie eher Stress als Spaß bedeutet, 62% fühlen sich nicht als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer akzeptiert.
Sogar 76% berichten von Konflikten mit Autofahrern. Brisant dabei: In den letzten Jahren bewerteten die Befragten das Sicherheitsgefühl beim Radfahren immer schlechter. Auch die Infrastruktur bewerteten die Befragten kritisch: 63% sagen, Radwege seien oft holprig und in schlechtem Zustand, nur 18% der Befragten in Sachsen finden die Radwege ausreichend breit. 77% berichten, dass sie an Baustellen oft absteigen und schieben müssen und keine sichere Umleitung angeboten bekommen, wie das für Autos normalerweise der Fall ist.
Durchaus positiv bewerteten die Befragten die Anstrengungen einiger Städte, den Radverkehr zu fördern. Den ersten Platz in Sachsen belegt dabei Auerbach, wo 64% mit dem kommunalen Engagement zur Förderung des Radverkehrs zufrieden sind, gefolgt von Leipzig (62%) und Stollberg (56%). Erstmals seit 2012 schnitten die sächsischen Kommunen bei dieser Bewertung im Durchschnitt besser ab, als beim zurückliegenden Fahrradklima-Test.
Der ADFC erklärt sich diesen erfreulichen Trend, dass durch verbesserte Finanzierung der kommunale Radverkehrsförderung in den letzten Jahren die Städte mehr Projekte voranbringen konnten als zuvor. Auch die Mittel aus dem Klimapaket des Bundes kommen in Sachsen an. Doch die Finanzierung ist keineswegs gesichert: Verkehrsminister Wissing will die Radverkehrsförderung beim Klimapaket zusammenstreichen und kürzt jetzt schon beim Neubau von Radwegen an Bundesstraßen. Die Förderung des Radverkehrs in Deutschland braucht eine dauerhafte Finanzierung und einen langen Atem, fordert der ADFC, der dafür eine "Fahrradmilliarde" vorschlägt.
Beim Fahrradklima-Test 2022 fokussierte der ADFC, neben den 27 Standardfragen, das Radfahren in ländlichen Räumen. 51% der Befragten bemängeln die Erreichbarkeit der Nachbarorte mit dem Rad. Oft müsse man Umwege oder holprige Wege in Kauf nehmen, wenn man mit dem Rad den Nachbarort erreichen wolle, weil der Radweg fehlt. Nur 22% der Befragten fühlen sich auf diesen Wegen sicher. Und nur 35% sagen, dass sie sich auf diesen Wegen sozial sicher fühlen, also keine Angst vor Übergriffen oder Belästigungen haben.
Nicht nur der Wegebau zwischen Orten spielte bei der Befragung eine Rolle, sondern auch das Sicherheitsgefühl der Menschen sowie die soziale Sicherheit, also die Frage, ob Radwege so geführt und gebaut sind, dass Menschen sich dort z.B. auch in der Dunkelheit entlang trauen. Oft stellten sich Planer und die Politik nicht die Frage, ob neu gebaute Radinfrastruktur angstfrei für alle Altersgruppen nutzbar sei. Viele Menschen fühlten sich mit dem Rad weder auf Fahrradstraßen sicher, die für den Autoverkehr freigegeben sind, noch auf schmalen Schutzstreifen am Rand hochbelasteter Hauptverkehrsstraßen.
Auch der sozialen Sicherheit müsse in der Planung endlich ein höheres Gewicht beigemessen werden, fordert der ADFC. Denn vor allem ältere Menschen meiden Feld- und Waldwege, aus Angst vor Übergriffen und der Unsicherheit in abgelegenem Terrain. Auch viele Eltern seien kaum davon zu überzeugen, ihr Kind allein mit dem Rad auf den Weg zum Freizeitsport zu schicken, wenn dieser Weg über einsame Waldwege führt. Soziale Sicherheit sei somit mehr als nur ein dubioses Gefühl. Ihr Fehlen verbaue hingegen vielen Menschen die Möglichkeiten, Wege mit dem Rad zurückzulegen und sei somit letztlich ein Hemmnis für die Verkehrswende. Für den ADFC ist es wichtig, dass auch subjektive Aspekte in den Planungsprozess einbezogen werden. Zu echten straßenbegleitenden Radwegen gebe es daher oft keine Alternative.