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ADFC: Staatsregierung muss endlich in die Pedale treten

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Sachsen (ADFC) hat auf seiner heutigen Pressekonferenz der sächsischen Staatsregierung ein schlechtes Halbzeitzeugnis ausgestellt.

Fahrradclub stellt sächsischer Kenia-Koalition schlechtes Halbzeitzeugnis aus

Nur zwei von 15 Projekten zum Radverkehr in Sachsen hat die hat die Regierung Kretschmer bisher umgesetzt. Nicht nur der Radwegebau außerorts nähert sich einem kompletten Stillstand. Auch die Verkehrssicherheitsarbeit wurde drastisch heruntergefahren statt, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ausgebaut. Der ADFC betrachtet mit Sorge, dass engagierte Kommunen allein gelassen werden und viele Potentiale des Radtourismus in Sachsen bisher ungenutzt bleiben. 

„Von der Kenia-Koalition hatte ich deutlich mehr erwartet. Dass nach zweieinhalb Jahren lediglich zwei der 15 Projekte des Koalitionsvertrags umgesetzt worden sind, erfüllt mich mit großer Sorge“ erklärt Niklas Schietzold, Vorsitzender des ADFC Sachsen.

Zwei Drittel wünschen sich mehr Engagement von Politik und Verwaltung beim Radwegebau. Denn das Radfahren boomt auch im Freistaat. „Zum Beginn der Corona-Pandemie haben viele Menschen das Fahrrad neu für sich entdeckt. Doch während das alltägliche Leben nicht mehr von der Pandemie geprägt ist, setzt sich der Fahrradboom unverdrossen fort. Dennoch schafft es die Staatsregierung nicht, den Fokus nach vorn zu richten und die selbst gesteckten Ziele beim Radwegebau endlich anzupacken.“

Die sächsische Koalition aus CDU, Grünen und SPD hatte sich 2019 vorgenommen, den Anteil der mit dem Rad zurückgelegten Wege bis 2025 durch ein komplexes Maßnahmenpaket für den Radverkehr bis 2025 zu verdoppeln. „Verkehrsminister Martin Dulig muss jetzt den Radverkehr zur Chefsache machen, damit die Koalition ihr Ziel noch erreichen kann“ mahnt der ADFC-Vorsitzende.

Denn aktuell sieht es nicht danach aus. Lediglich die Unterstützung der kommunalen Arbeitsgemeinschaft wegebund sowie die stark nachgefragte Lastenradförderung sind nach Plan gelaufen. Allein 2021 wurden fast 400 Lastenräder gefördert, die überwiegend von kleinen und mittelständischen Unternehmen in allen Landesteilen auf die Straße gebracht wurden.

Der Radwegebau an Staats- und Bundesstraßen hingegen ist in Sachsen nahezu komplett zum Erliegen kommen. Wurden unter Ex-Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) bis 2014 noch über 30 Kilometer neue Radwege pro Jahr fertiggestellt, verschlechterte sich die Bilanz unter seinem Nachfolger Martin Dulig von der SPD. Nur sieben Kilometer Radwege an Bundes- und Staatsstraßen konnte der Freistaat eröffnen, 2021 waren es zehn Kilometer. 

Eigentlich hatte sich die Staatsregierung das Ziel gesetzt, bis 2025 über 500 Kilometer neue Radwege fertigzustellen. Der ADFC fordert daher, im kommenden Doppelhaushalt deutlich mehr Mittel für Planung und Bau von Radwegen bereitzustellen. Neben Finanzmitteln fehlten dem Freistaat auch ausreichend Fachplaner, die den Radwegebau voranbringen. Ebenso benötigen die Kommunen in den beiden kommenden Jahren vom Land deutlich mehr Fördermittel, um den innerörtlichen Investitionsstau abzubauen und Gefahrenstellen zu beseitigen. Zuletzt kürzte Verkehrsminister Dulig den Städten und Gemeinden massiv die Förderung, obwohl CDU, Grüne und SPD im Koalitionsvertrag das Gegenteil vereinbart hatten.

Hintergrund

Im Koalitionsvertrag hat die amtierende Staatsregierung 2019 neben vielen anderen Themen auch 15 Ziele zur Förderung des Radverkehrs beschlossen. Nur zwei davon konnten bislang vollständig umgesetzt werden, vier weitere zum Teil. Neun der 15 Ziele harren bis heute der Realisierung. Die angekündigte Entschärfung von Unfallschwerpunkten blieb ebenso aus wie eine leichtere Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen unfallträchtigen Stellen. Auch die Anzahl der Verkehrskontrollen wurde entgegen der Versprechungen des Koalitionsvertrags nicht nennenswert erhöht. Dass die Staatsregierung zukünftig ihre eigenen LKW mit Abbiegeassistenten ausrüsten will, kann dagegen als Teilerfolg verbucht werden.

Auch die bessere personelle Ausstattung im Tourismusressort von Ministerin Barbara Klepsch, ist ebenfalls ein Teilerfolg. Doch die Ministerin und der Verkehrsminister schulden den touristischen Regionen weiterhin die versprochenen Gelder, Routenwegweisungen, eine bessere Vermarktung von Radreiseregionen und die Koordination des Radtourismus in Sachsen.

Auch die Situation der Fahrradabstellanlagen an den sächsischen Bahnhöfen bleibt weiterhin desaströs. An 40% der sächsischen Bahnhöfe fehlen Abstellanlagen für Fahrräder komplett, bei weiteren 20% sind sie äußerst mangelhaft. Entgegen der Ankündigungen der Koalition deutet bisher wenig darauf hin, dass sich diese Situation bald verbessert.

Bei der Planung von Radschnellwegen hingegen sind Fortschritte zu erkennen. Mit 11 solcher Routen will die Sächsische Staatsregierung Ballungszentren und Arbeitsplätze miteinander verbinden. Erste Planungen und Studien für Radschnellwege im Leipziger Süden, zwischen Limbach-Oberfrohna und Chemnitz sowie zwischen Werdau und Zwickau laufen bereits. Die Arbeiten am ursprünglichen Prestigeprojekt zwischen Halle und Leipzig sind dagegen komplett zum Erliegen gekommen.

Der ADFC wird unterdessen weiter Druck machen. Mit dem neuen Projekt „Radland Sachsen“ will der Fahrradclub seine Aktivitäten für sicheren Radverkehr stärker außerhalb der Großstädte fokussieren und zivilgesellschaftliche Akteure vernetzen und aktivieren. Für das spendenfinanzierte Projekt sucht der ADFC aktuell Unterstützer. 40% der Spendensumme ist bereits zugesagt. Mehr Informationen zum Projekt finden Sie auf www.radland-sachsen.de

Übersicht zu allen Rad-Maßnahmen des Koalitionsvertrages und ihrer Umsetzung [LINK]


https://sachsen.adfc.de/artikel/adfc-staatsregierung-muss-endlich-in-die-pedale-treten

Häufige Fragen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) setzt sich für eine fahrradfreundliche Verkehrspolitik und bessere Infrastruktur für alle Radfahrer*innen ein. Der Verband ist dabei von der örtlichen bis zur Bundespolitik auf allen Ebenen aktiv. In Sachsen engagiert sich der ADFC als verkehrspolitische Interessenvertretung von über 9.000 Mitgliedern und 10 Ortsgruppen und bietet Touren und Beratung rund um Fahrrad an. Der ADFC setzt sich dafür ein, dass sich auf unseren Straßen vom Kind bis zur Omi alle sicher fühlen können, wenn sie mit dem Rad unterwegs sind. Die Verkehrssicherheit für Radfahrende zu erhöhen, ist ein zentrales Anliegen des ADFC, auch weil dadurch die Nutzung des Fahrrads als umweltfreundliches und gesundes Verkehrsmittel gefördert wird.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Als Mitglied im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) sind Sie Teil der größten Interessenvertretung für Radfahrende. Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluss auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrenden ein. Mitglieder des ADFC profitieren zudem von einer Vielzahl an Serviceleistungen wie z. B. der ADFC-Pannenhilfe, einer kostenlosen Rechtsberatung, sowie Vergünstigungen und Vorteilen bei vielen ADFC-Partnern, wie zum Beispiel teilAuto. ADFC-Angebote wie unsere Radtouren oder die ADFC-Fahrradcodierung sind für Mitlglieder vergünstigt.

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  • Wie kann ich im ADFC aktiv werden und mich engagieren?

    Die Arbeit und der Erfolg des ADFC lebt vom Engagement seiner ehrenamtlichen Mitglieder vor Ort. 11.000 Menschen engagieren sich bundesweit im ADFC, etwa 300 davon in Sachsen. Sie organisieren Radtouren, kommen mit Politikern ins Gespräch und tragen mit unzähligen Aktionen dazu bei, dass die Bedingungen für Rad fahrende Menschen zunehmend besser werden. Wenn Sie sich engagieren möchten, können Sie entweder mit einer unserer Ortsgruppen in Kontakt treten oder sich per E-Mail bei uns melden.

    Sie haben keine Zeit für ehrenamtliches Engagement, möchten den ADFC aber trotzdem unterstützen? Auch das ist kein Problem!

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  • Ich plane eine Radtour. Was empfiehlt der ADFC?

    Im ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ finden Sie für Ihre Reiseplanung mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland. Die Qualität touristischer Radrouten ist in Deutschland noch sehr unterschiedlich. Besonders hochwertige Routen zeichnet der ADFC als Qualitätsrouten aus. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne ist auf den ersten Blick erkennbar, mit welcher Qualität man bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen kann. Außerdem zertifiziert der ADFC fahrradfreundliche Unterkünfte mit dem Bett+Bike-Siegel. Hier sind Sie Reisende auf dem Rad immer gern gesehen!

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass man auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen wird. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls Pflicht. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorn und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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